
Die Nacht wurden wir 12 Uhr durch unseren Befehlholer Leuschner geweckt. Er brachte einen Befehl, wonach unsere Patrouillen schon beizeiten den Gegner beunruhigen sollten. Die Komp. Führer mussten um 6 morgens zur Besprechung ins Stabsquartier. Als wir 1/2 7 aufstanden, hieß es alles so zusammenzupacken, daß schnell abgerückt werden könnte. Es war höchste Gefechtsbereitschaft, angeblich sollten die hinter uns liegenden Batl. rechts bei Blamont angreifen. Bei uns ist größte Ruhe. Doch als mittags eine Patrouille nach Val abrückt, wird sie von Franzosen angeschossen, wobei der Landwehrmann Burghardt den Tod fand. Gegen Abend rückte eine Gruppe zur Beerdigung aus. Der Hauptmann sprach dabei einige Abschiedsworte.
Im Parterre unseres Hauses befinden sich etwa 20 Zivilgefangene welche uns am 4. Nov. beim Beziehen des Hauses übergeben worden sind. Es sind 4 Mann und 17 Frauen mit einegen Kindern aus Val. Dieses Dorf liegt zwischen unseren und den feindlichen Vorposten in einem schönen Tale, aber für unsere Patrouillen in sehr gefährlicher Lage. Den Bewohnern fehlt alle Zufuhr, weswegen sie versuchen, bei uns in Deutschland einzukaufen. Sie dürfen aber bei den Posten nicht vorbei. Die Gefangenen sind auf mir unbekannte Weise herein geraten und werden nun nicht zurückgelassen. Der Bürgermeister von Cirey muß jeden Tag Verpflegung für die Leute schicken, so daß sie sich ganz wohl fühlen, sie haben wenigstens keine Nahrungssorgen. Nachmittags gehen sie unter Aufsicht des Postens im Garten spazieren. Als sie einmal sahen, wie wir im Garten die Post unter die Kameraden verteilten weinten alle Weiber, haben sie es doch insofern schlecht, als ihre Männer oder Söhne im Franz Heere sind und sie in keiner Weise in Verbindung mit ihnen treten können. Sie wissen nicht, ob ihr Soldat nicht schon lange ein kühles Soldatengrab gefunden hat. Es muß sehr, sehr schmerzlich sein. Dieser unangenehme, traurige Zustand kann glücklicherweise nur ganz wenige deutsche Familien treffen, weil unsere Heere fast allerorts auf feindl. Boden stehen und die Verbindung mit ihren Lieben offen haben. Bis nachts 1/2 12 erwarte ich mit Burger die Lebensmittelwagen, welche heute nicht vorgelassen wurden wegen erhöhter Gefechtsbereitschaft. Wir legen bereits in Morgens Armen, als sie nachts 1/2 1 dagewesen sind.
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