Kurts 1662 Tage

– ein Tagebuch aus dem 1. Weltkrieg

Früh 40 Wecken und 50 Antreten. Wir können aber wieder wegtreten und müssen uns alarmbereit halten. Ich bin jetzt mit dem Feldwebel und der Bureaukiste beim Patronenwagen, weil das für Meldungen usw. bequemer ist.

Früh 70 erfolgte der Abmarsch nach Badonviller. Vor dieser Stadt hält das Bataillon. Wir liegen mit der Gefechtsbagage hinter einer Reihe gleichmäßiger Häuser, wahrscheinlich Arbeiterwohnungen einer Fabrik. Die rechts der Straße befindlichen 6 waren ausgebrannt.

Von 90 vorm. aber schallt an jenseitigen Ortsausgang Gewehrfeuer, ein Zeichen, daß unsere Spitze auf Gegner gestoßen ist. Mit kurzem Schlag fallen neben uns die verirrten Geschossen, sodaß wir hinter einer Mauer Schutz suchen. Der nahe Wald ist vom Feinde besetzt. Um 100 beginnt unsere Artillerie den Wald zu beschießen, worauf das Infanteriefeuer verstummt.

Es war sehr kühl, daher setzten wir uns auf eine Bank in die Sonne und betrachteten die Rauchwolken unserer tangierenden Schrappells, als wir plötzlich über uns das bekannten Pfeifen der Artilleriegeschosse vernehmen. Im Nu waren wir wie der hinter dem Hause und es war höchste Zeit gewesen. Wenige Meter hinter uns ging ein Blindgänger in die Erde. Das Bataillon verteilte sich in Zügen hinter die Häuser, denn ein Artilleriekampf hatte begonnen.

Wir standen zwischen den kämpfenden Batterien. Mit Genugtuung beobachteten wir
aus der Deckung, daß von uns alle Schüsse tangierten, während beinahe die Hälfte aller französischen Geschosse ohne Wirkung als Blindgänger in die Erde fuhren.

Als die gewohnte Feuerpause der Franzosen, nahte kam Befehl zum Abkochen ans Bataillon. Unter dem Donner der Geschütze wurden die Lagerfeuer entfacht, und ein Mittagsmahl bereitet. Inzwischen verstummt der Mund der Geschütze.

Nachmittag gingen wir in das Dorf. An der Bahn fanden wir in 2 Häusern die Überreste eines Zeppelins, welchem nach Aussagen einer deutschen Einwohnern franz. Artillerie, sein Schicksal bereitete. Die zahlreichen Aluminiumteile waren mit „L.X “ gezeichnet. Auf einem runden Deckel stand: „Nachgesehen 28.4.1914“.

Abends mußte unsere 4. Kompanie den Wald säubern und sollte die Artillerie von der Flanke angreifen. 1/2 90 abends wurde der Rückzug in die alten Quartier angetreten. Auf der Straße begegnen wir der in Gefechtsbereitschaft liegenden Artillerie. Wir schlafen heute über den Pferden in Stroh gewühlt. Ich liege zwischen dem Feldwebel und meinem Freunde Wolf.

Eine Antwort zu „Mittwoch, den 23. September 1914”.

  1. […] 23. September 1914 „Wir schlafen heute über den Pferden in Stroh gewühlt. Ich liege zwischen dem Feldwebel und meinem Freunde Wolf.“ […]

    Like

Hinterlasse eine Antwort zu Unteroffizier und Freund Wolf – Kurts 1662 Tage Antwort abbrechen