
Triggerwarnung
In diesem Eintrag wird ein Suizid erwähnt und Verletzte beschrieben.
Früh 1:30 wieder „Stiller Alarm“. Beim Stellen der Kompagnie melden sich 40 Mann Fußkrank ins Feldlazarett nach Barr. Wir fassen und fahren dann den bereits bekannten Weg durch Andlau nach Hohwald. Unterwegs verbreitet sich das Gerücht, unser Brigadekommandeur, Generalmajor von Bodenhausen, habe sich erschoßen. Ich lege keinen Wert auf das Gerede, glaubte die Tatsache aber doch, als ich die Nachricht durch meinen Freund Wolf bestätigt erhielt. Es hatte als Brigadeschreiber den Tatbestand mit aufgenommen. Als Grund wurde angegeben: Verzweiflung über die Schwächung der Brigade durch die Überanstrengungen im Marsch.
Beim Abkochen auf der Straßen nach Hohwald sehen wir die ersten Franz. Alpenjäger, 3 junge Leute. Man hatte sie gefangen genommen, als sie von den Bäumen auf uns feuerten. Wir untersuchten eins ihrer Gewehre. Das franz. Gewehr ist dem deutschen 88er ähnlich die Patronen liegen längs des Laufes. Auf den Hülsenkopf steht: Modell 86. Ich dachte beim Probieren dieses Gewehres an eine Episode, welche mein Vater oft zum besten gab. Er hatte bei einer Reserveübung das Gewehr 88 erstmalig in der Hand und benötigte zum Laden mehr Zeit, behielt aber seine Ruhe und wurde gelobt. Jetzt war ich erfreut, daß auch die Franzosen mehr Zeit brauchten, als ein Deutscher zum Laden. Mit der bequemen Handhabung unseres Gewehres kann das französische nicht stand halten.
Es verging Stunde auf Stunde, ehe wir einen Befehl zur Weiterfahrt erhielten. Dabei kamen in endloser Reihe Wagen mit verwundeten Kameraden und Feinden. Im Orte Hohwald waren 2 Hotels, als Lazarette hergerichtet. Ich ging dahin, machte aber bald kehrt, denn die Bilder waren alle jammervoll, wenn die Kameraden bleich und regungslos, mit Schmerz verzerrten Munde vorgefahren wurden. In den Hausfluren sammelten sich die blutbefleckten Ausrüstungsstücke der armen verwundeten Kameraden.
In wilder Fahrt sausen Automobile hin und her, ist doch zugleich das Stabsquartier im Ort. Als ich den Rückweg nach unserem Wagenpark antrete fällt mir ein Getöse in einer Villa auf. Ich gehe hinein und sehe, wie unsere deutschen Soldaten, in der Hauptsache Landwehrleute, darin alles kurz und klein schlagen. Wenn man sich auf das Wegnehmen von Gebrauchsgegenständen, beschränkt hätte, wäre es entschuldbar gewesen aber so wurden alle die kostbaren Möbel und Kunstgegenstände vernichtet. Enttäuscht über dieses eines deutschen Soldaten vollkommen unwürdigen Betragens gehe ich davon und war froh, als einige aufmerksam gewordene Offiziere dazwischen fuhren. Die Villa, hatte einem französischen Arzte gehört, welcher von hier aus umfangreiche Spionage betrieben hatte. Dies hatte unsere Landwehr gereizt. Vorteilhafter wäre es gewesen, die Villa staatlich zu beschlagnahmen und ihren
wertvollen Inhalt in Geld umzusetzen. Ein Glück, daß die Masse in unserem Heere mit Abscheu auf solches Treiben blickt, sonst würden wir auf die gleiche niedrige Stufe sinken, wie die Russen.
Durch diesen traurigen Vorfall und das am Lazarett gesehene Elend wurde uns der Schrecken des Krieges so recht vor Augen geführt. Wehe denen die als Schuldige dieses Mordens vor unseren höchsten Richter treten müssen.
Abends 8 Uhr erhalten wir Befehl, nach Barr zurück zufahren, wo wir im dunkel der Nacht eintreffen und im Roten Löwen Quartier bezogen. Hier schliefen wir seit 8 Tagen, das erste mal wieder in einem Bett. Uffz. Scholz allein ich mit unserem Fahrer Mascher.
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