Kurts 1662 Tage

– ein Tagebuch aus dem 1. Weltkrieg

Auch am heutigen Morgen zeigte sich uns eine Winterlandschaft, welche dem frühlingswarmen Tage aber nicht standhalten konnte. Reich an Überraschungen wurde er für uns. Etwa um 10:0 bringt der Batt. Schreiber, die Nachricht: Hptm. Stephani wird als Batl.-Führer zu Ers. Inf. Rgt. 40 versetzt. Am Mittag ist dieser auch bereits hier und
verabschiedet sich in kurzen, treffenden Worten von den zufällig zum Essenfassen hier weilenden Mannschaften der Komp. Dieser Mann, unter dessen Führung wir nun über 7 Monate im Felde stehen soll Gegenstand folgender Betrachtungen sein- Als Einz. Freiv. bei der 8./100 (meiner Friedenskomp.) eingetroffen und im üblicher Weise bis zum Hauptm. d. R. avanciert, übernahm er am 7. August im Alter von etwa 45 Jahren unsere Kompagnie. Er traf von Berlin ein Adresse: Berlin-Friedenau, Wielandstr. 7). Sein Beruf ist Kaufmann. Durch sein unbeugsames, energisches, oft etwas grobes Wesen, welches immer vor allem das eigene leibliche Wohl im Auge behielt, er warb er sich mehr die Furcht als das Vertrauen seiner Untergebenen. Wer ihm ängstlich entgegentrat wurde unterdrückt. Wer furchtlos und ohne Zagen seine gegenteilige Meinung zum Ausdruck bringen konnte verkam mit ihm. Im Essen konnte er nicht genug erhalten und wer sich viel um sein Leibeswohl bemühte, verschaffte sich Gunst, doch nicht auf lange Zeit, an seine Fehler hatten sich die Kameraden gewöhnt und hätten ihn auch weiter behalten. Jetzt fragt man sich in Ungewißheit, wirds besser oder schlechter doch eine Träne weint ihm keiner nach, er war eben doch etwas zu schroff. In seinem weiß melierten Stoppelbart sieht er beim Verabschieden, recht furchterweckend aus und weh dem Bataillon, welches unter seine Führung kommt. Ich selbst hatte, mich persönlich in keiner Weise zu beklagen, sondern hatte oft das Gefühl: dieser Mann wird verkannt. Feldwebel Winkler war dagegen unversöhnlich gegen ihn verbittert. Außerdem ging heute auch der uns zugeteilte Leutnant Rudert von der Artillerie ab, während Oberstleutnant Thilo-Schade von seiner Verwundung geheilt aus dem Lazarett zurückkehrt, aber als Führer des Regt. 32 versetzt wird. Es wimmelt von Änderungen. Gegen Abend gehe ich wieder wie gestern zwecks wichtiger Besorgungen nach Saint Sauveur, wo ich mit Bruno zusammentreffe. Vor Eintritt der Dunkelheit erreichte ich Angomont wieder.

Hinterlasse einen Kommentar