Kurts 1662 Tage

– ein Tagebuch aus dem 1. Weltkrieg

Handschridt in Sütterlin: Dienstag, den 25. August 1914

Früh 3 wurden wir durch Autogerassel geweckt. Eine Proviantkolonne war von Barr in der Nacht eingetroffen und gab uns ihre Bestände ab, sodaß wir Vorrat für mehrere Tage hatten. Anschließend rückten wir von Bellefosse ab.

Die Wege wurden jetzt außerordentlich schlecht, sodaß wir Gefahr liefen, stecken,
zu bleiben. In einer Schlucht brach durch allzu forsches Bremsen eine Seitenstütze
am Wagen. Dabei konnten wir weder vor noch rückwärts auch zum Ausweichen
war kein Platz, rechts und links erhoben sich steile Hänge. Doch es glückte unserem
Zimmermann Weigold, den wir in ahnungsvoller Voraussicht gestern am Wagen behielten, den Schaden notdürftig zu heilen.

Im Angesichte des Dorfes Colroy mussten wir um die Mittagszeit halt machen um nicht in den Feuerbereich zu kommen. Im Schutze eines Wäldchens bereiteten wir uns das übliche Konservenmahl. Rechts auf dem Berge sahen wir die verlassenen Stellungen der Franz Artillerie, welche gut angelegt waren.

Um 2 mittags konnten wir in das Dorf einfahren. Hier waren die Straßen mit Geschützen und Pferden versammelt, so daß wir nur Dank der Geschicklichkeit unseres Kutschers vorwärts kamen. In der Kirche lagen zahlreiche Verwundete beider Parteien. Unser Sanitätspersonal war noch mit dem Abtransport beschäftigt. Grend. R. Hunger, welcher als erster der Kompagnie den Heldentod fand, war hinter der Kirche auf dem prunkvollen, katholischen Friedhofe beerdigt.

Von Colroy führte unser Weg im Tale nach links abbiegend, nach Ranrupt. In dem Unterholz rechts der Straße leuchteten oft die roten Hosen toter Franzosen, was zu einer Patrouille Anlass gab. Abends kamen wir nach Bourg-Bruche, wo das Bataillon biwakierte.

Auf all den Höhen rings um Bourg-Bruche brannten die Biwakfeuer der Brigade,
welche den Gegner vertrieben hatte. Auf der Wiese im Tale hielt die Artillerie Pferdeappell. Rechts wurde ein erkranktes Pferd in seinem bereits geschaufelten Grab erschossen. Nachdem wir der Komp. Lebensmittel zugeführt hatten wurde der Wagen wieder vollkommen in Ordnung gebracht. Das Bataillon schlachtete einen Ochsen.

Wir fanden Quartier in einem kleinen Hause. Die Großmutter verstand nur französisch, die Mutter deutsche Brocken, die etwa 13-15 jährigen Enkel alles. Sie sagten, daß
deutsch einzig und allein in den angesetzten Schulstunden gesprochen wurde. Sobald sie aus der Schule entlassen wurden, verlernten sie das Deutsche schnell wieder. Von den Franzosen waren sie in den Keller gesperrt worden und hatten 3 Tage nichts gegessen. Auf einem kleinen Heuboden legten wir uns zusammengedrängt, wie die Heringe in der Tonne zum Schlafen.

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