Kurts 1662 Tage

– ein Tagebuch aus dem 1. Weltkrieg

Früh 3 Uhr weckt mich mein Freund Burger und macht mich darauf aufmerksam, daß draußen mehrere Personen recht schnell durch die Straßen eilen. Dazu hört man ab und zu einen unterdrückten Ruf. Es währte nicht lange so kommt unsere Wirtsfrau mit der Mitteilung: Stiller Alarm. Im Nu erheben wir uns vom Strohlager. Mit Hilfe unserer Taschenlaternen gelangen wir über die Leiter auf die Tenne, wo unser Lederzeug lag am Tor erwartete uns der Feldwebel mit welchem wir zum Stellpatz eilten wo wir mit den ersten eintrafen. In kurzer Zeit stand die Kompagnie marschbereit und marschierte in der Dunkelheit zum Dorf hinaus. Die große Bagage erhielt den Auftrag, erst um 5 abzurücken. Außer mir war heute auch noch der Fourier, Unteroffizier Scholz, beim Lebensmittelwagen. In ziemlich lebhaften Tempo ging es im Verbande der Brigade Bagage vorwärts. Ich mußte oft große Strecken rennen, um dem Wagen nach zukommen. Dabei schwitzte mich. Es war ein heißer Sommertag. Glühend sandte die Augustsonne ihre Strahlen auf die Rebenhänge dieser Gegend. Mit Freude begrüßte ich die Gelegenheit, mich auf einen Wagen unserer Kolone aufzusetzen. Um die Mittagszeit blieben wir längere Zeit auf der Landstraße liegen. Dies benutzten wir um uns aus Gemüse und Fleischkonserven in unseren Feldkesseln ein Mahl zu bereiten. Am Nachmittag fahren wir über Niederehnheim nach Epfig, wo wir die Kompagnie vorfinden. Sie hatten Gewehre zusammengesetzt und ruhten im Straßengraben von den Anstrengungen des heutigen Marsches aus. Sie waren heute reichlich 30 km marschschiert, während wir eine noch größere Strecke zurücklegten. Beim Durchfahren des Ortes fielen uns die unfreundlichen, verstockten Gesichter, und das Benehmen der Bewohner uns gegenüber auf. Man glaubte es mit feindl. Bewohnern aber nicht mit Landsleuten zu tun zu haben. Am entgegengesetzten Ausgange bezogen wir enge
Quartiere, nachdem wir unsere Lebensmittelbestände vorher verteilt hatten. Es wurde bekann, daß in einem ebenfalls deutschen Ort der Umgegend auf deutsches Militär geschossen worden war seitens der Einwohner. Daher durften wir nur mit der Waffe auf
die Straße. Im Lazarett des Ortes waren einige verwundete Franzosen, welche heute als Patrouille, weggeschossen wurden. Außerdem befanden sich zwei Bayern hier, nach deren Aussagen, die Franzosen ihren Wachtmeister gevierteilt haben sollten. Dies erfüllte uns alle mit Ingrimm Mit Burger suchte ich mir meine Schlafstätte wiederum auf dem Oberboden einer Scheune, wo man uns so leicht nicht fand. Mit dem Gewehr im Arm verfielen, wir nach den großen Anstrengungen des heutigen Tages bald in einen tiefen Schlaf, welcher uns heute besonders nötig war. In Epfig fiel mir noch die Baufälligkeit der dürftigen Hütten, Häuser konnte man nicht sagen, auf und die mittelalterliche Wasserversorgung. In unserem Quartier befand sich ein Ziehbrunnen ähnlich dem im Reinecke Fuchs.


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