Kurts 1662 Tage

– ein Tagebuch aus dem 1. Weltkrieg

Frühzeitig rückt die Kompagnie zu einer großen Felddienstübung in der Brigade aus und zwar vollkommen kriegsmäßig mit aller Bagage. Es ist ein schöner warmer
Sommertag. Weil wir bestimmt glauben, in der nächsten Woche aus zurücken, gehe ich mittags in das Güntzbad, welches allen Militärpersonen kostenfrei offen steht. Hier
unterziehe, ich meinen Körper einer gründlichen Reinigung, denn wer weiß wie lange mir im Felde, die Gelegenheit dazu fehlen wird. Einmal unterwegs, wollte ich gleich mit nach Cotta fahren. Weil aber Bürger auch baden gehen wollte und auf mich wartete, führte ich diese Absicht nicht aus und das war gut. Ich war noch nicht lange wieder da
und Bürger soeben fort, als der Befehl eintraf: „Die Kompagnien stehen um 11 Abmarschbereit zum Verladen auf dem Neustädter Bahnhof, 12:30.“ Diese Überraschung führte zu außerordentlicher Arbeit. Galt es doch, den Lebensmittelwagen, den Komp.-packwagen den Patronenwagen und den Stabspackwagen zu beladen, alle eisernen Portionen auszugeben, die Soldbücher und Erkennungsmarken zu verteilen. Ehe sich mein Feldwebel auf alles dies recht besann machte ich mich stillschweigend davon, um zu telephonieren. Der Apparat im Unteroffizierskasino war, aber all zu sehr belagert, sodaß ich in den nahen, im Soldatenmund Waldschlöschenbüdchen genannten Laden ging und von dort aus zu
Uhligs telephonierte zur Benachrichtigung meiner Eltern. Außerdem löste ich mein Versprechen ein und machte Max Mitteilung. Nachdem ich also Vater, Mutter und Hellmuth in Kenntnis gesetzt hatte, beeilte ich mich wieder in die Kaserne zu kommen,
wo ich erwartet wurde. Mit meinem inzwischen, auch vom Baden heimgekehrten Kameraden Bürger packte ich unsere Schreibsachen, Papier, Listen, Kasse usw. in die dazu bestimmte Kiste, welche wir auf dem Packwagen der Kompagnie brachten. Hierauf
packten wir unser eigenen Sachen. Um 5 Uhr wurde ich an das Kasernentor gerufen, wo Hellmuth auf mich wartete. Ich hatte meine letzten Eigentumssachen alle in einen Sack geworfen, welchen ich ihm mitgab. Leider war er etwas schwer geworden, doch Hellmuth nahm ihn gern mit. Wir verabschiedeten uns noch nicht endgültig, weil Mama und Hellmuth an die Bahn kommen wollten. Im Geschäftszimmer wieder angekommen, ging die Arbeit weiter. Im letzten Augenblick mußten wir noch zwei erkrankte Mannschaften bei der 3. Komp. Ers. Batt. 100 gegen felddienstfähige eintauschen, was viel Arbeit verursachte. Abends 9 Uhr wurde die Zeit des Stellen auf 3 Uhr morgens verlegt. Dies war nur ärgerlich, weil womöglich Mama und Hellmuth vergeblich warteten. Andererseits bot es Gelegenheit, noch einige Stunden zu schlafen. Um 11 war ich fertig mit aller Arbeit und legte mich das letzte mal ins Kasernenbett.

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